Nebenklage und Adhäsion im Strafverfahren

  • Beitrags-Autor:
  • Lesedauer:8 min Lesezeit

Normalerweise liegt das Strafverfolgungsmonopol beim Staat und wird ausschließlich durch Amts- und Staatsanwälte ausgeübt. Wer Opfer einer Straftat geworden ist, kann sich jedoch in vielen Fällen auch im Rahmen der Nebenklage dem Strafverfahren gegen den Beschuldigten anschließen. Ohne Nebenkläger zu sein, hat der Geschädigte grundsätzlich vor Gericht nicht mehr Rechte, als ein gewöhnlicher Zeuge – die zusätzlichen Rechte als Nebenkläger sind jedoch nicht der einzige Grund sich dem Verfahren anzuschließen, auch für die Bewältigung der Tat kann die Nebenklage hilfreich sein, da man dem Täter so nicht als Opfer begegnet sondern eine aktive Rolle im Strafverfahren einnimmt.

Grundsätzlich ist nur der Geschädigte der Tat nebenklageberechtigt, dieses Recht kann aber bspw. auch auf nahe Angehörige übergehen, wenn der Geschädigte durch die Straftat, welche der Anklage zugrunde liegt, getötet wurde. Insbesondere bei Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung, das Leben, die körperliche Unversehrtheit und die persönliche Freiheit ist die Nebenklage zulässig, aber auch wenn die Folgen der Tat dies rechtfertigen und es zur Wahrnehmung der Interessen des Geschädigten erforderlich ist, kann die Nebenklage zulässig sein, dies ergibt sich aus § 395 Abs. 3 StPO. Einzig im Jugendstrafrecht sind die Voraussetzungen schärfer: Bei Verfahren gegen Minderjährige ist die Nebenklage nur in einem besonderen Fall, z. B. bei Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit oder die sexuelle Selbstbestimmung zulässig.

Der Nebenkläger hat im Verfahren mehr Rechte, insbesondere das Recht, während der gesamten Verhandlung anwesend zu sein, auch wenn die Öffentlichkeit ausgeschlossen wurde. Auch kann der Nebenkläger bspw. ohne gesonderte Begründung Akteneinsicht nehmen, bekommt eine Ausfertigung des Urteils und kann, sofern der Angeklagte freigesprochen wurde oder das Gericht die Anklage der Staatsanwaltschaft nicht zulässt, Rechtsmittel hiergegen einlegen.

Hier folgt nun ein Muster für den Antrag auf Zulassung der Nebenklage; anschließend werden wir uns noch damit befassen, wie man als Geschädigter zivilrechtliche Ansprüche bereits im Strafverfahren geltend machen kann, selbstverständlich ebenfalls mit einem Musterantrag.

Muster I: Antrag auf Zulassung der Nebenklage

Bernd Beispiel
Beispielstraße 1
12345 Beispieldorf

Einschreiben / Einwurf
Amtsgericht Beispieldorf
– Strafsegment –
Beispielallee 17
12345 Beispieldorf

Beispieldorf, 09.03.2023

Antrag auf Zulassung der Nebenklage /
Az. 3 Js 3258/23

In der Strafsache gegen Herrn Theodor Täter wegen Körperverletzung
erkläre ich, der durch die Tat nebenklageberechtigte Verletzte Herr Bernd Beispiel,
dass ich mich dem Strafverfahren gegen den Angeklagten als Nebenkläger anschließe.

Ich beantrage, dass die Nebenklage zugelassen wird.

Begründung:

Herr Täter wird angeklagt, mir am 18.02.2023 mit der Faust ins Gesicht geschlagen und dadurch meine Gesundheit geschädigt zu haben.
Strafbar ist dies gemäß § 223 I StGB, die Befugnis zum Anschluss als Nebenkläger ergibt sich aus § 395 I Nr. 3 StPO.

Mit freundlichen Grüßen

B. Beispiel

Bernd Beispiel


In einem Verfahren gegen einen Erwachsenen kann der Geschädigte bereits während des Strafprozesses zivilrechtliche Ansprüche auf Schadensersatz oder Schmerzensgeld geltend machen, ohne erst selbst vor einem Zivilgericht klagen zu müssen, sofern diese Ansprüche in kausalem Zusammenhang mit der Tat stehen, wegen der vor dem Strafgericht Anklage erhoben wird. Da das zur Eröffnung des Hauptverfahrens zuständige Gericht erst über den Antrag auf die Durchführung des sogenannten Adhäsionsverfahrens entscheiden muss ist es ratsam, diesen bereits vor Anklageerhebung zu stellen um so das Risiko zu minimieren, dass das Gericht diesen ablehnt, um das Strafverfahren nicht unnötig in die Länge zu ziehen. Sofern allerdings Schmerzensgeld und nicht Schadensersatz geltend gemacht wird, darf das Gericht diesen Antrag nur zurückweisen, wenn er unzulässig ist oder unbegründet erscheint.

Wie ein Antrag auf Durchführung des Adhäsionsverfahrens aussieht, kann dem folgenden Muster II entnommen werden. Abschließend werden noch einmal einige Bearbeitungshinweise für die Muster I und II gegeben.

Muster II: Antrag auf Durchführung des Adhäsionsverfahrens

Bernd Beispiel
Beispielstraße 1
12345 Beispieldorf

Einschreiben / Einwurf
Amtsgericht Beispieldorf
– Strafsegment –
Beispielallee 17
12345 Beispieldorf

Beispieldorf, 09.03.2023

Antrag auf Durchführung des Adhäsionsverfahrens zur Geltendmachung vermögensrechtlicher Ansprüche im Strafverfahren / Az. 3 Js 3258/23

In der Strafsache gegen Herrn Theodor Täter wegen Körperverletzung
stelle ich, Herr Bernd Beispiel, Beispielstraße 1, 12345 Beispieldorf,
den Antrag auf Durchführung des Adhäsionsverfahrens zur Geltendmachung meiner vermögensrechtlichen Ansprüche im Strafverfahren.
Ich bin der Geschädigte in vorbezeichneter Strafsache. Hinsichtlich des Tathergangs verweise ich auf den Inhalt der Ermittlungsakten und meine Angaben als Zeuge.

Ich beantrage, den Angeklagten zur Zahlung eines Schmerzensgeldes, dessen Höhe ich in das Ermessen des Gerichts stelle, zu verurteilen.

Begründung:

Herr Theodor Täter hat mir am 18.02.2023 mit der Faust ins Gesicht geschlagen. Er brach mir dadurch die Nase und ich hatte aufgrund dieser Verletzung mehrere Wochen lang Schmerzen beim Atmen.

          Beweis: Fotografie meiner Verletzungen am Abend des 18.02.2023 als Anlage 1; Attest der Rechtsmedizinerin Prof. Dr. med. Sabine Sachverständige nach Behandlung im Universitätsklinikum Beispieldorf als Anlage 2

Mit freundlichen Grüßen

B. Beispiel

Bernd Beispiel


Hinweise zu den Mustern:

  • Insbesondere bei schweren Straftaten ist die Wahrnehmung einer Beratung durch eine Rechtsberatungsstelle oder einen Rechtsanwalt zu empfehlen. Der Nebenklageberechtigte kann sich vor Gericht auch vertreten lassen.
  • Ist die Klage noch nicht erhoben, so muss in beiden Mustern statt vom Angeklagten ggf. vom Beschuldigten, bzw. wenn die Anklageschrift bereits zugegangen ist vom Angeschuldigten gesprochen werden.
  • Zusätzlich zur Zulassung der Nebenklage kann ggf. auch Prozesskostenhilfe beantragt werden, wenn man sich durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen will und die Voraussetzungen hierfür erfüllt. Dies kann dem Antrag einfach beigefügt werden, indem man vor dem Satzteil „die Nebenklage zuzulassen” einen Zeilenumbruch und eine Nummerierung einfügt.
  • Die Muster sind selbstverständlich an die persönlichen Gegebenheiten und den konkreten Sacherhalt anzupassen.
  • Bei beiden Mustern ist auch eine digitale Zustellung über ein elektronisches Bürger- und Organisationspostfach (eBO) oder per de-Mail möglich, der Zustellhinweis „Einschreiben / Einwurf” wäre in bei einer Zustellung über ein elektronisches Bürger- und Organisationspostfach durch „per eBO” zu ersetzen.

Schreibe einen Kommentar